0 Comments

Interreligiöser Schriftenaustausch im Oktober 2022

Bericht über den interreligiöser Schriftenaustausch im Oktober 2022

Monatlich veranstalten wir das WARP- Office (World Alliance Religions of Peace) online, um gemeinsam über die Schriften der jeweiligen Religionen zu lernen.

Das WARP-Office ist eines unserer drei Hauptinitiativen, bei der wir die praktische Umsetzung des Friedens fokussieren.

Die Schriften zu vergleichen, dient dazu Missverständnisse zu beseitigen, einander besser zu verstehen, den Weg für eine offene Kommunikation freizuräumen, aber auch den Frieden praktisch umzusetzen. Gemeinsamkeiten zu finden, insbesondere darin, wie die Schriften zu einem friedlichen Miteinander leiten können, werden hier in den Diskussionsrunden gemeinsam erarbeitet. Das WARP-Office hat den Anspruch, das jeder der Interesse hat, hier eine Quelle des fundierten Wissens zu finden: Politische, Kulturelle oder persönliche Meinungen rücken hier in den Hintergrund, da wir mithilfe des Wissens der geladenen Panels aufzeigen wollen, das Frieden – innerer wie auch Weltfrieden ein zentraler Aspekt in ihrem Glaubensleben ist und somit dazu beitragen, das Unkenntnis oder eine Auslegung eigener Interessen zu Konflikten führt, die dem Anspruch der Schriften nicht standhalten.

Die Rolle der Frau

Gemeinsam mit unseren Panels, die mit uns jetzt schon einige Zeit zusammenarbeiten und zu unterschiedlichen Themen Antworten darüber geben, wie und wo der Frieden in den Schriften zu finden sind, widmeten wir uns diesmal einem sehr spannendend, wenn gleich auch sensiblen Thema; nämlich „Die Rolle der Frau in der Heiligen Schrift“.

Angesichts aktueller heißdiskutierten Debatten in Talkshows, wie auch sozialen Medien, ist dieses Thema auch im religiösen Kontext stark kritisiert worden.

Unsere Panels Ramananda Gopala (ISCKON), Imam Mansoor (Islam) und Herr Hartwig (Christentum) näherten sich dem Thema mit überraschenden Erkenntnissen: Die traditionelle Geschlechterrollen, ein Bild aus den Fünfzigern welches wir gerne auch auf religiösen Kontext adaptieren, konnte hier widerlegt werden: Wir konnten in dieser Diskussionsrunde lernen, dass die Rolle der „Frau“ im spirituellen Sinne nicht vergleichbar ist, mit dem Bild, welches wir im kulturellen Kontext erleben.

Ramananda Gopala (ISCKON)

Zu Beginn erläuterte Herr Gopala, dass es in der geistlichen Welt ein männliches und ein weibliches Prinzip gibt, jedoch beide gemeinsam das Wesen der Gottheiten ausmachten. Textgrundlage bildete ein Auszug aus der:

Srimad-Bhagavatam 1.7.7. (Erläuterung von Srila Prabhupada)

Das Endergebnis hingebungsvollen Dienstes ist die Entwicklung echter Liebe zur Höchsten Persönlichkeit. ‚Liebe‘ ist ein Wort, das vornehmlich in Bezug auf Mann und Frau gebraucht wird. Und „Liebe“ ist das einzige Wort, das zutrifft, um die Beziehung zwischen Sri KriJa und den Lebewesen zu kennzeichnen. In der Bhagavad­-Gitä (7.5) werden die Lebewesen prakrti genannt, und im Sanskrit bezeichnet prakrti das weibliche Geschlecht. Der Herr wird immer als parama-purua, die höchste männliche Persönlichkeit, bezeichnet. Die zwischen dem Herrn und den Lebewesen wirkende Anziehungskraft ist daher mit der zwischen Mann und Frau wirkenden Zuneigung zu vergleichen. Der Ausdruck „Liebe zu Gott“ ist daher durchaus zutreffend.

Herr Gopala zeigte auf, dass genau diese Prinzipien sowohl auf Männer als auch auf Frauen bezogen sind. So wie in einer gesunden Beziehung beide Partner einander etwas geben, und voneinander etwas nehmen können, verhält es sich auch in Bezug auf die Gottergebenheit eines Gläubigen und die Gottheit selbst. Somit weist die spirituelle Verbindung eines Menschen zu Gott gleiche Wesenszüge auf, wie eine Liebesverbindung zwischen Mann und Frau. Das Verständnis dieses Rollenbildes kann daher gleichermaßen auf Mann und Frau angewandt werden ist aber primär im spirituellen Sinne zu verstehen.

Pastor Hartwig (Christentum)

Herr Hartwig zeigte auf, dass das Verständnis über Eva, der der „Sünderin“ ein klassisches Beispiel davon ist, wie eine Rolle/Stereotyp auferlegt wird, ohne die Hintergründe näher zu beleuchten.

Eva wird oftmals die Schuld am Sündenfall angelastet, welches durch die Analyse der Schrift jedoch widerlegt wurde:

Maßstäbe der Analyse waren die Verantwortung des Individuums, der empfangene Auftrag von Gott sowie die Kenntnis des Schöpfers. Textgrundlage waren Gen 2 und Gen 3, die Analyse beinhaltete 3 Kernpunkte:

  1. Gottes Wort war Adam bekannt
  2. Adam hatte die Wahl, und er hätte Gottes Wort befolgen müssen, da es ein Gebot war
  3. Adam trug die Verantwortung für Eva und nur bedingt Eva für Adam
Imam Mansoor (Islam)

Imam Mansoor zeigte anhand einiger Suren auf, welche Rechte und Pflichten sich auf Grundlage der Schrift sowohl für Männer als auch Frauen ergeben und erläuterte, wie sich so eine wertschätzende Rollenfindung in der modernen Gesellschaft ergeben kann. Beginn seiner Ausführung war eine Klärung von Begriffen und der Hinweis die geistliche Sicht der Geschlechter in Bezug auf Gott anhand Sure 4:125:

Trotz dieser Unterschiede erklärt Gott im Heiligen Koran: Wer aber gute Werke tut, sei es Mann oder Weib, und gläubig ist; sie sollen in den Himmel gelangen, und sie sollen auch nicht so viel Unrecht erleiden wie die kleine Rille auf der Rückseite eines Dattelkernes (4:125). Mit anderen Worten: Was die eigene Spiritualität und die Beziehung zu Gott betrifft, sind die Geschlechter tatsächlich absolut gleichberechtigt.

Hierbei wurde insbesondere dem Vorurteil der 3 K (Küche, Kinder, Kirche) lebensnahe und anschauliche Aspekte entgegengestellt und aufgezeigt, dass es keine absolute Gleichstellung gibt – wie es die Trennung von Geschlechtern im Sport zeigt – sondern das Ziel ist, eine Gleichberechtigung im besten Sinne zu leisten.

Imam Mansoor führte weiter aus, dass dir Rechte der Frauen häufiger erwähnt werden als die der Männer: „Und wie die Frauen Pflichten haben, so haben sie auch Rechte“ [2:229].

Die Rechte der Frau findet im Koran über 40 mal Erwähnung. Die Rechte der Männer dagegen knapp über 10 mal. Es besteht also Gleichheit und es gibt keinerlei Unterschied zwischen den grundlegenden Menschenrechten von Frauen und Männern.

„doch haben die Männer einen gewissen Vorrang vor ihnen; und Allah ist allmächtig, allweise“ [2:229]. Worin der Vorrang besteht wurde wie folgt dargelegt: „Die Männer sind die Verantwortlichen über die Frauen, weil Allah die einen vor den anderen ausgezeichnet hat und weil sie von ihrem Vermögen hingeben“ (4:35).

Diese Lehre räumt den Männern keine besonderen Privilegien oder Rechte ein, da ihre Verantwortung größer ist. Die Verantwortung besteht insbesondere auch darin, die Rechte der Frauen zu beschützen.

Diskussion und Fazit

Im 2. Teil des Schriftenvergleiches führten die Diskussionen unter den Teilnehmern sowie einige Fragen aus dem Publikum zur Klärung einzelner Details.

Abschließend äußerten sich sowohl die Religionsvertreter wie auch Publikumsteilnehmer positiv über die Art und Weise, an dieses Thema mit großen Respekt und aus dem Blickwinkel der Schrift selbst heranzugehen.

Die Rolle der Frau, gerade in der heutigen Gesellschaft, ist ein Diskurs dem sich auch weiterhin umfangreich gewidmet werden muss und vor allem auch auf öffentlichen Institutionen greifen muss.

Als Plattform für den Schriftenvergleich, war es unser Ziel Missverständnisse aufzuklären und auch die Rechte und Gleichberechtigung anhand der Schriften zu untersuchen.

Durch die Annäherung an diesem Thema, konnte dafür Raum geschaffen werden.